Das ist der CO2-Abdruck der SPNV-Fahrgäste in NRW
Die Klimabilanz zeigt: Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in NRW ist klimafreundlich, vor allem im Bereich der elektrisch betriebenen Fahrzeuge - und stößt weniger CO2-Emissionen aus als der Auto- oder Flugverkehr.
Im Schnitt 44 Gramm CO2: Der Vergleich zeigt, wie klimafreundlich der SPNV bereits jetzt im Vergleich zum Auto- und Flugverkehr ist. (Für den SPNV wurden im Projekt NRW-spezifische Werte errechnet, zum Vergleich mit den anderen Verkehrsmitteln wurden Werte im Bundesdurchschnitt angegeben).
Der CO2-Fußabdruck gibt an, wieviel CO2 ein Verkehrsmittel pro Person und gefahrenem Kilometer verursacht. Dies kann dank der Klimabilanz 2023 nun erstmals ganz genau für den SPNV in NRW getan werden. Pro Person pro Kilometer werden im Schnitt 44 Gramm CO2 emittiert. Wie sind die Forschenden des Wuppertal Instituts bei dieser Berechnung vorgegangen? Zunächst einmal haben sie die durchschnittliche Auslastung der Fahrzeuge ermittelt. In NRW sind das rund 30 Prozent. Damit liegt die Auslastung etwas über dem Bundesdurchschnitt von 24 Prozent.
„Mit dem CO2-Fußabdruck ist es möglich, die Klimavorteile des Nahverkehrs auf der Schiene gegenüber dem Auto darzustellen. Das kann dabei helfen, Bürger*innen bei klimafreundlichen Mobilitätsentscheidungen zu unterstützen. Außerdem unterstützt es die Politik bei der Weiterentwicklung einer Strategie zum Klimaschutz im Verkehr."
Thorsten Koska
Wuppertal Institut, Forschungsbereich Mobilität und Verkehrspolitik
Bahnverkehr ist wesentlich umweltfreundlicher als Auto- oder Flugverkehr
Der Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln zeigt das große Potenzial des SPNVs. So werden pro Fahrgast pro Kilometer bei elektrisch betriebenen Bahnen 39 Gramm und beim Diesel 72 Gramm CO2 ausgestoßen. Im Durchschnitt kommt der SPNV in NRW damit auf rund 44 Gramm pro Person pro Kilometer. Das Auto stößt dagegen 157 Gramm pro Kilometer (Benzin), beziehungsweise 167 Gramm bei Diesel-Fahrzeugen aus. Nur wenn der Pkw voll besetzt ist, kommt er annähernd an die Werte des SPNVs heran. Im SPNV haben aber theoretisch noch deutlich mehr Fahrgäste Platz. Je mehr Menschen mit der Bahn unterwegs sind, desto geringer wird der CO2-Fußabdruck pro Person.
Auch das Flugzeug hat gegen die Schiene keine Chance. So stößt es bei Inlandsflügen pro Person pro Kilometer über 200 Gramm CO2 aus. Auch hier ist der SPNV konkurrenzlos klimafreundlich unterwegs.
Der Ist-Zustand auf der Schiene ist somit klar. Doch was bedeutet das für die nahe Zukunft? Das Wuppertal Institut hat ermittelt, wie sich der Ausstoß von Treibhausgasen im Jahr 2040 verändern könnte. Mehr dazu lesen Sie hier.
Methodisches Vorgehen
Die Forschenden des Wuppertal Instituts haben für ihre Berechnungen zur Klimabilanz verschiedene methodische Vorgehensweisen genutzt, die nachfolgend erläutert werden.
Territorialprinzip
Die Klimabilanz wurde nach dem Territorialprinzip erstellt: Es wurden alle Angebotsformen im SPNV – Regionalexpresszüge, Regionalbahnen, S-Bahnen sowie Schienenersatzverkehre – und die dadurch verursachten CO2-Emissionen innerhalb der Grenzen von Nordrhein-Westfalen bilanziell berücksichtigt.
Clusterbildung für die zugkilometerspezifischen Energieverbräuche
Zur Berechnung der zugkilometerspezifischen Energieverbräuche im SPNV NRW wurden zwölf Liniencluster mit vergleichbaren Bediengebieten sowie Schienenfahrzeugen mit ähnlichen Strom- und Kraftstoffverbräuchen gebildet. Dieses Vorgehen wurde zur Vereinfachung der Berechnung gewählt, da es 20 verschiedene Zug- und Triebwagentypen auf mehr als 100 SPNV-Linien gibt. Dabei können die zugkilometerspezifischen Energieverbräuche u.a. aufgrund topographischer Bedingungen oder auch der Wagenzahl variieren. Auf Basis von durchschnittlichen Verbrauchsdaten ausgewählter Eisenbahnunternehmen konnte für jedes der zwölf Cluster der fahrzeugkilometerspezifische Strom- oder Dieselverbrauch abgeschätzt werden. Anschließend wurden die 2023 auf allen SPNV-Linien in NRW erbrachten Zugkilometer aufgeschlüsselt und den jeweiligen Verbrauchsclustern zugeordnet. Danach wurden die auf den Linien des jeweiligen Clusters insgesamt zurückgelegten Zugkilometer mit den Verbrauchsfaktoren der Cluster multipliziert.
Extra-Berechnung für die Fahrleistung im Schienenersatzverkehr
Die Klimabilanz für den SPNV NRW schließt auch die CO2-Emissionen ein, die durch Schienenersatzverkehre (SEV) entstehen. Die insgesamt im Schienenersatzverkehr zurückgelegten Kilometer wurden mit dem durchschnittlichen Verbrauch konventioneller Dieselbusse im Linienverkehr multipliziert. Um die Umwege des Schienenersatzverkehrs gegenüber dem Zug zu berücksichtigen, wurde die Verkehrsleistung mit dem Faktor 1 Zugkilometer : 1,5 Fahrzeugkilometer im SEV berechnet.
Berücksichtigung von Vorketten-Emissionen
Die Klimabilanz für den SPNV NRW weicht bei der Zuweisung der Emissionen zu den jeweiligen Verursachern vom Treibhausgas-Emissionsinventar des LANUV NRW ab. Das Emissionsinventar weist dem Schienenverkehr nur die Emissionen aus dem Verbrauch von Kraftstoffen zu, während die strombedingten Emissionen dem Sektor der Energiewirtschaft zugeordnet sind. Für die Klimabilanz haben sich die Forscher/innen des Wuppertal Instituts bewusst dafür entschieden, dem SPNV auch die Emissionen aus dem Stromverbrauch zuzuweisen, um einen Vergleich der beiden Antriebsarten hinsichtlich ihrer Klimaschutz-Potenziale zu ermöglichen.
Daten zu Fahrgastzahlen im SPNV NRW
Für die CO2-Bilanz auf Basis der Personenkilometer wurden die aus Verkehrserhebungen gewonnenen Daten zu Fahrgastzahlen und den jeweils zurückgelegten Distanzen auf den verschiedenen SPNV-Linien genutzt. Lagen die linienspezifischen Daten für 2023 nicht vor, wurde auf Daten aus dem NRW-Verkehrsmodell zurückgegriffen.
NRW-spezifischer CO2-Emissionsfaktor Personenkilometer SPNV
Zur Berechnung der CO2-Emissionen wurde vorab ein NRW-spezifischer CO2-Emissionsfaktor Personenkilometer SPNV entwickelt: sowohl für die Strom- als auch für die Dieseltraktion. Mit diesem lassen sich die Spezifika und Besonderheiten des SPNV-Angebots in NRW sowie Art und Umfang der Nutzung abbilden. Der Emissionsfaktor beschreibt jeweils spezifisch für das betrachtete Verkehrsmittel, wie viel Energie es verbraucht und wie viel CO2 emittiert wird, um eine Person einen Kilometer zu befördern. Der Emissionsfaktor für die Personenkilometer steht somit in direktem Zusammenhang mit der Auslastung eines Fahrzeugs. Er sinkt mit steigender Auslastung des Fahrzeugs und steigt, wenn die Auslastung zurückgeht.
Berechnung der NRW-spezifischen Fahrzeugauslastung
NRW ist durch eine Reihe von Spezifika charakterisiert, die eine höhere Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge als im Bundesdurchschnitt vermuten lassen. Diese Besonderheiten sind beispielsweise die vielen Ballungsräume, eine hohe Zahl von Menschen im Einzugsbereich von SPNV-Linien und die höchste Bevölkerungsdichte aller Flächenbundesländer in Deutschland. Die höhere Fahrzeugauslastung wurde in allen Berechnungen berücksichtigt.

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Quellen
Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan (KCITF) (2024): Verkehrsleistung des SPNVs in NRW für das Jahr 2023 auf Basis der Zugkilometer (nicht veröffentlicht). Bielefeld.
Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan (KCITF) (2024): Verkehrsleistung des SPNVs in NRW für das Jahr 2023 auf Basis der Platzkilometer (nicht veröffentlicht). Bielefeld.
PTV Planung Transport Verkehr (PTV) (2024): Verkehrsleistung des SPNVs in NRW für das Jahr 2023 auf Basis der Zug- und der Personenkilometer. Auszug aus dem NRW-Verkehrsmodell (nicht veröffentlicht). Dresden.
Umweltbundesamt (2025): Vergleich der durchschnittlichen Emissionen einzelner Verkehrsmittel im Personenverkehr in Deutschland 2023. Dessau. Online verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/emissionsdaten#verkehrsmittelvergleich_personenverkehr_tabelle. Letzter Zugriff am 28. April 2024.
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